Samstag, 24. Juni 2017

Das Glück ist ein Vogerl ...

Im heutigen KURIER findet sich dieses Inserat. Novomatic lobt und preist sich als familienfreundliches Unternehmen. Unter dem klingenden Titel „WINNING FAMILY“ bezeichnet man die „familienbewusste Personalpolitik“.

Soll so sein und im Prinzip ist das so wurscht, wie der berühmte in China soeben umfallende Reissack. Wenn da nicht diese Kleinigkeit wäre, die da einen hässlichen Schatten auf das Unternehmen wirft. Novomatic lebt vom Automatenglücksspiel und das ist bekanntlich eine Sucht. Eine Sucht, die schon unzählige Existenzen und ebenso viele Familien zerstört hat. Soviel zum Thema „Winning Family“.

Dass ein Suchtmitteldealer in einer Tageszeitung inseriert ist zwar moralisch nicht ganz einwandfrei, andererseits, Geld geht vor Moral. Die Riesensauerei an der Geschichte ist, dass auf dem Inserat rechts oben das Logo des Bundesministeriums für Familie und Jugend prangt.

Frage an Frau Karmasin: Wer ist dafür verantwortlich, dass das Ministeriumslogo dort zu finden ist und was hat sich der oder diejenige dabei gedacht?

Frage an Harald Neumann: Warum hat man darauf verzichtet, das Logo samt Kontaktdaten der Schuldnerberatung zu integrieren?


Donnerstag, 15. Juni 2017

Christlich-soziale Wirtschaftspolitik

Jürgen Mandl, Chef der Kärntner Wirtschaftskammer, hat eine Superidee. Weil es uns allen nur gut geht, wenn es der Wirtschaft gut geht, sollen die ersten zwei Tage eines Krankenstands unbezahlt sein. Damit will er die Kurzkrankenstände – also nicht die Krankenstände des ÖVP-Obmanns sondern jene der Arbeitssklaven – eindämmen.

Was bedeutet das. Wenn ein Tag unbezahlt bleibt, so fallen immer noch Sozialversicherungsbeiträge für den Arbeitgeber an, die in logischer Folge der Arbeitnehmer zu bezahlen hat. Dann ist dieser Tag tatsächlich unbezahlt. Das bedeutet, die DienstnehmerInnen werden angehalten, möglichst nicht in Krankenstand zu gehen und Krankheiten zu unterdrücken. Das ist natürlich eine ganz tolle Idee und bringt volkswirtschaftlich gesehen einen enormen Gewinn. Schließlich sind kranke DienstnehmerInnen hoch motiviert bei der Arbeit und bringen mindestens einhundert Prozent ihrer Leistung.

Aber Herr Mandl hat auch noch eine zweite Superidee. Entgeltfortzahlung bei Freizeitunfällen möchte er mit einer privat abgeschlossenen Unfallversicherung verknüpfen. Soll heißen, wer keine private Unfallversicherung aber einen Freizeitunfall hat, tja, der hat auch Pech gehabt und bekommt kein Geld.

Das nennt sich dann gelebte christlich-soziale Politik. Dagegen nimmt sich die FPÖ-Haimbuchner Forderung, der erste Krankenstandstag ist als Urlaubstag zu werten ja richtig human aus – obwohl das natürlich auch eine absolut absurde Idee ist.

Dienstag, 13. Juni 2017

Verspätung

Heute Morgen habe ich den Wecker nicht gehört und dadurch etwas verschlafen. Ich habe, wie jeden anderen Arbeitstag auch, geduscht, Tee getrunken und dabei Zeitung gelesen und bin nach dem Zähneputzen in die Arbeit gefahren. Verspätung: 18 Minuten.

Natürlich hätte beim Duschen einen Zahn zulegen, den Tee stehend trinken und die Zeitung links liegen lassen können. Wäre ich dann auch noch im Laufschritt zum Handelskai, ich hätte es dann verschwitzt, gestresst und angepisst aber pünktlich an meinen Schreibtisch geschafft. Und vor zehn oder fünfzehn Jahren hätte ich das mit Sicherheit auch gemacht.

Im fortgeschrittenen Alter – und das ist das Gute am fortgeschrittenen Alter – werden die Prioritäten ganz automatisch richtig gereiht.

Montag, 29. Mai 2017

Tolle Aussichten

Das Finanzministerium lässt eine 30.000 Euro Studie über die Einführung von „Hartz IV“ in Österreich erstellen und stellt fest, nachdem diese Tatsache öffentlich wurde und einigermaßen Staub aufgewirbelt hat, dass es keine Absicht zur Übernahme von „Hartz IV“ in Österreich gibt.

Sicher. Eh klar. Die Studie ließ man nur aus Jux und Tollerei erstellen. Hans Jörg Schelling träumt schon länger davon, „Anreize zu schaffen“. Natürlich gäbe es auch andere Möglichkeiten sogenannte Arbeitsanreize zu schaffen. Mindestlöhne, von denen man leben kann und die diesen Begriff auch verdienen. Aber davon sind wir noch meilenweit entfernt. Bis 2020 soll es ihn flächendeckend in allen Branchen geben, den Mindestlohn von € 1.500,00 brutto. Nein, das ist kein Scherz. Wir sprechen hier von einem Nettolohn von € 1.198,90 bei Vollzeitbeschäftigung. Inflationsbereinigt sind das in drei Jahren 1.000 Euro.

Aber das scheint dem Finanzminister am Arsch vorbei zu gehen. Es kann ihm auch relativ wurscht sein, da es ihn ja nicht betrifft. Hauptsache, es gibt keine Vermögens- und Erbschaftssteuer. Diese würden ihn sehr wohl betreffen. Da ist es schon besser, wir nehmen den Armen noch ein bisschen mehr weg. Denen fällt das auch gar nicht so stark auf. Die sind ohnehin arm, da ist es auch schon egal.

Der Verteidigungsminister hat schon laut über eine Stilllegung der Eurofighter nachgedacht. Einerseits sind sie eh nur teures Klumpert und andererseits teures altes Klumpert. Das bedeutet natürlich, wir brauchen neue Flieger.

Allein aus diesem Grund sollte nach dem 15. Oktober wieder eine schwarzblaue Regierung die Staatsgeschäfte übernehmen. Die wissen, wie man Flugzeuge einkauft und dabei Partei- und andere Kassen auffüllt.

Und dann kommt, darauf können wir Gift nehmen, Hartz IV. Hatse Strache, der letzte Ritter des Abendlandes, schreit zwar lautstark dagegen an und versichert, so etwas nie und nimmer zuzulassen, aber eine Partei, die vorschlägt, den ersten Krankenstandstag als Urlaubstag zu werten, damit die Menschen nicht mehr „krank-feiern“, ist Hartz IV locker zuzutrauen. Da wird dann auch noch der Spitzensteuersatz und die Unternehmenssteuern gesenkt und die Sozialpartnerschaft (weil unzeitgemäß) abgeschafft.

Fünf Jahre später werden wir dann kurzfristig ein bisschen gescheiter sein, diverse Untersuchungsausschüsse kopfschüttelnd verfolgen und uns wundern, welche Politiker in den Fängen der Justiz landen.

Mittwoch, 29. März 2017

Wertevermittlung

Sebastian Kurz, Bundesminister ohne Berufsausbildung – ja das muss man erwähnen, damit Jugendliche, welche die Schule oder das Studium abbrechen sehen, dass man auch ohne Ausbildung Karriere machen kann, hat sein Integrationsgesetz durchgebracht.

Dazu gehört auch, dass asylberechtigte Mindestsicherungsbezieher im Zuge eines Integrationsjahrs gemeinnützige Tätigkeit verrichten müssen. Soweit so gut. Allerdings wird diese Tätigkeit nicht bezahlt. Ein Null-Euro-Job, wenn man so will. Dafür bekommen sie ja die Mindestsicherung, wird argumentiert. Ja, eh.

Aber welche Werte werden diesen Menschen da genau vermittelt? In Österreich ist Arbeit nichts wert. Man muss zwar arbeiten, aber es wird schlecht bis überhaupt nicht honoriert. Genau diese Werte werden vermittelt. Na ja, so weit entfernt von der Realität ist das eigentlich eh nicht.

Man hätte es natürlich auch anders machen können. Die Tätigkeit wird, wie es der Kollektivvertrag vorsieht, entlohnt. Und im selben Ausmaß der Nettoentlohnung wird die Mindestsicherung gesenkt.

Den Menschen würde vermittelt werden, dass Arbeit in Österreich einen Wert hat und entsprechend entlohnt wird. Das will man allerdings vermeiden. So entsteht beim Integrationsjahrabsolventen der Eindruck, dass er zwar arbeiten muss, diese Arbeit allerdings wertlos ist und er als Bittsteller auf Almosen angewiesen bleibt.

Das sind die christlich-sozialen Werte der ÖVP.

Donnerstag, 23. März 2017

Neulich in der Schnellbahn

22.03.2017, 16:39, Bahnhof Meidling, Bahnsteig 3. Ich besteige den letzten Waggon der Schnellbahn Richtung Wolkersdorf, finde einen freien Sitzplatz, okkupiere diesen sogleich, nehme ein Buch zur Hand und beginne zu lesen. Das heißt, ich versuche zu lesen. Es fällt mir schwer, den Sinn des Gelesenen zu erfassen. Die Sätze lösen sich auf in Buchstaben, machen was sie wollen und weigern sich einen Sinn zu ergeben. Nach fünf Minuten gebe ich auf, resigniere und stecke das Buch in meine Tasche.

Ich blicke mich kurz um. Da sehe ich, was ich akustisch die längste Zeit wahrnehme und, obwohl ich mich redlich bemühe, nicht ignorieren kann. Schräg vis-à-vis sitzt – eigentlich liegt sie mehr, als sie sitzt – ein Mädchen, geschätzte sechzehn Jahre jung und telefoniert in einer Lautstärke, dass es jeder Fahrgast dieses Waggons hören muss. Ober er will oder nicht.

Sie ist offensichtlich nicht der gleichen Meinung, wie ihr Gesprächspartner, da, da sie mehrmals „fick dich“ ins Telefon schreit. Dann beruhigt sie sich wieder.

„Nein Mama, ich weiß nicht, ob ich den Job verliere. Heute bin ich wieder in der Mittagspause eingeschlafen und niemand hat mich aufgeweckt. Irgendwann hat mich der Chef aufgeweckt. „
….
„Das war jetzt das zweite Mal, dass er mich schlafend angetroffen hat.“
….
„Ich habe nicht gesagt, dass ich den Job verliere. Aber ich kann nicht garantieren, dass ich die restliche Zeit immer pünktlich in der Firma bin. Du weißt ja, wie gerne ich verschlafe.“
….
„Nein Mama, ich bin jetzt im zweiten Lehrjahr. Eineinhalb Jahre immer pünktlich sein, das werde ich nicht schaffen.“
….
„Wenn ich arbeitslos bin, brauche ich eine eigene Wohnung. Dann habe ich Anspruch auf Mindestsicherung und kriege die achthundert Euro. Oder ich melde mich obdachlos, dann bekomme ich auch das Geld.

Die Diskussion um Arbeits- und Obdachlosigkeit und den damit verbundenen Möglichkeiten Sozialhilfe zu lukrieren nimmt kein Ende. Als der Zug in die Station Praterstern einfährt, steht das Mädchen auf, schultert ihren Rucksack und geht zur Tür.

„Nein Mama, ich komme heute nicht nach Hause. Ich muss jetzt aussteigen.“ Sie beendet das Gespräch und steigt aus.

Der Zug fährt ab. Ich schaue geistesabwesend aus dem Fenster. Das Gespräch geht mir nicht aus dem Kopf. Übernächste Station muss ich aussteigen, denke ich mir.

Die Türen schließen sich, die Schnellbahn nimmt wieder Fahrt auf. Ich muss dann aussteigen, merke ich mir vor. Seit wann fährt der Zug über die Donau auf dem Weg von Meidling zum Handelskai? Ich bin verwirrt. Es dauert etwa zehn Sekunden, bis ich realisiere, dass ich meine Station verpasst habe. In Floridsdorf wechsle ich den Bahnsteig und fahre wieder zurück.

Montag, 20. März 2017

Karl Hackler und die Arbeitszeitflexibilisierung

Arbeitszeitflexibilisierung – das Viagra der Wirtschaftskammer. Darunter verstehen Christoph Leitl und Freunde einen 12 Stunden Arbeitstag ohne Überstundenentlohnung. Dafür bekommt man Freizeit, wenn es weniger Arbeit gibt.

Beispiel. Ein Angestellter, anzuwendender Kollektivvertrag ist jener für Angestellte im Metallgewerbe, verdient brutto € 3.000,00. Eine Überstunden mit 50 % Zuschlag beträgt brutto € 31,47. Eine Stunde Normalarbeitszeit beträgt € 17,96. Bei einer Stunde hat der Arbeitnehmer eine Bruttolohneinbuße von € 13,51. Kein Wunder, dass die ÖVP-Granden allesamt feuchte Hoserln bekommen, wenn Sie an den Wegfall der lästigen Überstunden denken.

Aber Geld ist nicht alles. Wie sieht es mit der Zeit aus? Bleiben wir bei dem Angestellten und nennen wir Ihn Karl Hackler. Hackler benötigt von zu Hause bis zur Arbeitsstätte eine halbe Stunde. Das macht eine Stunde Gesamtfahrtzeit. Acht Stunden Arbeitszeit, eine halbe Stunde unbezahlte Pause, eine Stunde für Duschen, Rasieren Zähneputzen und Kacken, eine halbe Stunde Abendessen und acht Stunden Schlaf. Das sind dann 19 Stunden. Verbleiben fünf Stunden für Haushalt, Freizeit und Kinder.

Muss Karl Hackler jetzt 12 statt 8 Stunden arbeiten, bleibt ihm für Haushalt, Freizeit und Kinder eine ganze Stunde. Aber das ist natürlich nur Theorie, denn diese Stunde bleibt ihm nicht. Die verstreicht, da er nach zwölf Stunden Arbeit zu erschöpft ist, irgendetwas zu machen. Das macht natürlich nichts, denn Frau Hackler ist ein verständnisvolles Eheweib, das ihr Schicksal einsichtig lächelnd erduldet. Blöd nur, wenn Elvira Hackler ebenfalls berufstätig ist und einen Dienstgeber hat, der sie zu zwei 12-Stunden-Tage pro Woche verdonnert.

Dann, ja dann müssen die Hackler halt schauen, wie sie das auf die Reihe kriegen. Denn: Geht`s der Wirtschaft gut, geht`s uns allen gut.