Samstag, 19. Mai 2012

Beim Zahnarzt



Vergangene Woche war ich zum Jahrescheck bei meiner Zahnärztin. Dieser unumgängliche Termin ist jedes Mal extrem nervend. Meist sogar im wahrsten Sinne des Wortes. Eine gute Strategie ist dabei überlebensnotwendig.

Nach der Begrüßung folgte sofort die entscheidende Frage: „Tut`s irgendwo weh?“ Die Antwort muss hier wohl überlegt sein. Lautet die sie „ja“, so kommt die Zusatzfrage „wo“. Ist diese Information einmal preisgegeben, nimmt das Schicksal unerbittlich seinen Lauf. Gesteht man, den Schmerz nicht lokalisieren zu können, hat man einen Kardinalfehler begangen. Man erteilte sozusagen eine uneingeschränkte Lizenz zu allem, was die moderne Zahnmedizin zu bieten hat. Und das ist verdammt viel.

Meine Antwort lautete: „Noch nicht.“ Was gleichzeitig eine Warnung an den Weißkittel sein sollte, ja nicht damit erst anzufangen. Lustlos stocherte sie an meinen Beißerchen herum. Plötzlich, ein kleiner Ruck und sie hatte eine Plombe in Form eines mittelgroßen Amalganfelsens losgelöst. Mit einem Lächeln, das sonst nur Autoverkäufer zustande bringen, die dem unwissenden Kunden gerade einen Totalschaden als einen beinahe fabrikneuen Vorführwagen unterjubeln, zeigte sie mir triumphierend ihren Fund.

Flugs wurde die Hilti angeworfen und der gerade entstandene Krater für eine neue Füllung präpariert. Alles noch halb so schlimm, wenn da nicht diese Zunge im Weg wäre. Spätestens jetzt war ein Punkt erreicht, wo die Interessen von Doktor und Patienten auseinandergingen. „Locker lassen und durch die Nase atmen“, vernahm ich den guten Rat, den ich leider nur theoretisch befolgen konnte, da die Göttin der Zahnheilkunde dabei meine Zunge Richtung Rachen drückte und dabei die Luftröhre so gut wie blockierte. Der folgende Überlebenskampf war unerbittlich, aber ich konnte ihn nach einer gefühlten Ewigkeit für mich entscheiden.

Abschließend begutachtete sie noch das Röntgenbild einer Zahnruine, überlegte lange und teilte mir mit, dass ich mich von dieser mental verabschieden sollte. Die reale Verabschiedung findet kommenden Dienstag statt und wird von einer Kieferchirurgin vorgenommen. Ich freue mich schon darauf!


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