Der Samstag
versprach ein wunderschöner Tag zu werden – wettermäßig. Ich zelebrierte das
auf meine Weise, indem ich mich vor den Herd stellte und ein Szegediner
Krautfleisch zauberte, dass jeder Szegediner mir dafür den Kochlöffel geküsst
hätte. Was die Szegedinerinnen für einen Teller meiner Köstlichkeit getan
hätten, bleibt an dieser Stelle – weil nicht ganz jugendfrei – unerwähnt.
Am frühen
Nachmittag, wir waren gestärkt, eigentlich war ich durch übermäßige Stärkung
eher geschwächt und mein Körper verlangte unmissverständlich nach einem
Verdauungsschlaf, aber meine Frau kannte kein Erbarmen und schleppte uns
Richtung Bahnhof. Von Liesing ging es nach Rodaun.
Da stand er
nun, der Holzwegweiser. Groß, bedrohlich und zeigte unerbittlich auf einen
Waldweg, dessen Steigung vermuten ließ, dass er direkt in den Himmel führte. Stadtwanderweg
6 war auf dem Wegweiser zu lesen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Eigentlich fehlte noch ein Warnhinweis.
Das
Beschreiten dieses Wanderweges kann ihre Gesundheit gefährden, eine nachhaltige
Wanderphobie auslösen, sie an den Rand des Suizids treiben oder einfach nur
ihren Willen brechen und ins Meer der Resignation spülen.
Nichts
dergleichen. Der Wegweiser, in seiner unschuldig anmutenden Bedrohlichkeit,
ließ in mir sämtliche Alarmglocken schrillen. Na ja, eigentlich war es mein
Handy, aber das hätte dramaturgisch nicht so gut gepasst. Der Weg war mir viel
zu steil. Da musste es noch eine andere Möglichkeit geben. Und es gab sie.
Zweihundert Meter weiter erstreckte sich einen Waldweg, der bretteleben uns
Gehölz führte. Ja, genauso sollte es sein.
War es aber
nicht lange. Der Weg wurde mit der Zeit immer schmäler, bis er zum Trampelpfad
verkümmerte. Als ob das nicht schon genug wäre, führte er nun direkt einen Berg
hinauf. Wo dieser so plötzlich daher kam, Gott allein weiß es. Die
unfreiwillige Kletterpartie wurde durch mein für diesen Zweck ungeeignetes
Schuhwerk, an und für sich sehr bequeme Sandalen, nicht gerade erleichtert. Die
Steigung war teilweise so stark, dass man, selbst wenn man sich auf allen
Vieren fortbewegte, sich noch in der Vertikalen befand.
Meine
Tochter kletterte leichtfüßig, als Steinbock im Sternzeichen hatte sie einen
nicht unerheblichen Vorteil, den Hang hinauf. Ich hatte es da ungleich schwerer.
An manchen besonders exponierten Stellen spürte ich eine Hand auf meinem
Allerwertesten. Nein, es handelte sich um keine sexuelle Belästigung meiner
Frau, sondern ihren gut ausgeprägten Überlebenswillen. Sie versuchte, mich
vorwärts zu schieben und zu verhindern, dass ich rückwärts, einer Lawine gleich
den Hang runter rollte und alles – besonders sie – mit ins Verderben riss.
Nach einer
gefühlten Ewigkeit erreichten wir einen bequemen, breiten Wanderweg. Das Schild
zeigte uns, dass wir wieder angekommen waren – auf dem Stadtwanderweg 6. Dann
gingen wir den, im wahrsten Sinne des Wortes, steinigen Weg hinauf und hinunter
und wieder hinauf und so weiter. Die Sekunden formierten sich zu Minuten, diese
wurden zu Stunden und der verdammte Weg nahm einfach kein Ende.
Als wir
endlich in Breitenfurt wieder die Zivilisation erreichten und zur rettenden
Autobushaltestelle taumelten, schickte sich die Sonne bereits an, sich am
Horizont zu verabschieden. Wahrscheinlich hatte sie genug davon, so viel Leid
mitansehen zu müssen.
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